Der Wittelsbacher Jubiläumsturm


Der auf dem 420 m hohen Scheinberg erbaute Turm ist bis zur Krone des auf der Turmspitze angebrachten Löwen 33 m hoch. Er überragt das Saaletal um über 240 m und der Besucher hat auf der in 25 m Höhe angeordneten Aussichtsplattform einen herrlichen Rundblick auf weite Landschaften. Der praktische Arzt und Oberstabsarzt der Landwehr Dr. Wendelin Dietz gab Ende 1903 die Anregung, einen Aussichtsturm auf dem Scheinberg zu bauen, da der Ludwigsturm nur ein enges Gesichtsfeld des Badeortes biete. 1904 folgte ein für den Turmbau gegründetes Komitee seinem Vorschlag, dem Aussichtsturm aus Anlass des am 1. Januar 1906 zu begehenden Jubiläums des 100-jährigen Bestehens des Königreiches Bayern, den Namen Wittelsbacher Jubiläumsturm zu geben. Am 1. Januar 1906 erfolgte die Grundsteinlegung in feierlichster Form, obwohl man erst im Mai des folgenden Jahres die Verträge mit dem Baumeister unterzeichnen konnte. Die Planung des Turmes und die Bauleitung übernahm der „Privatarchitekt“ und Magistratsrat Carl Krampf. Unternehmer war der Baumeister Kiesel.

(klicken um zu vergrößern)

Das Baumaterial des Turmes war Muschelkalk. Portal, Brüstung, Kuppel und der im Atelier des Bildhauers Valentin Weidner gefertigte Löwe sind aus grünem Sandstein. Die Baukosten lagen bei 27.000 Goldmark. Am 15. September 1907 konnte Dr. Dietz auf dem Festplatz als Vertreter des Prinzregenten den Regierungspräsidenten von Unterfranken und Aschaffenburg, Dr. von Müller und eine überaus zahlreiche und bunte Festgesellschaft zu einer „hochpatriotischen“ Feier begrüßen. Er verwies auf die Tatsache, dass bei der Grundsteinlegung noch niemand geglaubt habe, den Bau so bald beginnen zu können. Er sagte unter anderem: “Der Turm solle ein Zeichen der Dankbarkeit dafür sein, dass Kunst und Wissenschaft, Handel und Industrie, Landwirtschaft und Gewerbe durch die Könige aus dem Hause Wittelsbacher gefördert wurden und dass sie für das große deutsche Vaterland ein warm schlagendes Herz tragen. In Bezug auf Bad Kissingen soll der Turm der ganzen Welt verkünden, dass der Badeort seinen Weltruf dem hohen Königshaus verdankt.“

Nach dem Ersten Weltkrieg war auch die Herrschaft der Wittelsbacher beendet und der Oberregierungsrat Freiherr von Moreau machte 1924 den Vorschlag, auf dem Scheinberg um den Turm eine Gedächtnisstätte für die Gefallenen Unterfrankens zu errichten. Die Kissinger Stadträte und Bürger, gleich welcher Parteizugehörigkeit, waren begeistert und man plante in großzügiger Weise, Umfassungsmauern, Rondelle, Treppen- und Ehrenhaine. Im Inneren des Turmes wollte man eine Truhe aufstellen, die eine Urkunde mit den Namen sämtlicher Gefallenen aus Unterfranken enthalten sollte. Der 15. August 1925 war für die Grundsteinlegung vorgesehen und um das Ereignis gebührend zu begehen, fand sich wieder eine große Gemeinde auf dem Gelände ein. Sogar Kronprinz Rupprecht von Wittelsbach war zu den Feierlichkeiten erschienen. Doch das so feierlich begonnene Unternehmen blieb wegen der damaligen Weltwirtschaftskrise in den Anfängen stecken.

(klicken um zu vergrößern)

(klicken um zu vergrößern)

Am zweiten Pfingstfeiertag 1930 eröffnete der Gastwirt Josef Körner eine Gaststätte am Turm, ein schmuckes kleines Blockhaus mit einer Terrasse. Am 8. März 1933 meldete dann die Presse, die NSDAP habe im Namen der 55% nationalistischer Wähler in Bad Kissingen die Flagge des Dritten Reiches gehisst. Außerdem wurde bekannt gegeben: „Das Blockhaus, in dem Josef Körner eine Gastwirtschaft betrieb, ist gestern total niedergebrannt. Es liegt zweifellos Brandstiftung vor.“ Bereits am 12. Juli 1933 entstand ein massiver, zweistöckiger Neubau. Die Zeitung schrieb am 17. Juni 1933: „Das freundlich getäfelte Gastzimmer wirkt anheimelnd. Den Kurgästen kann ein Besuch der neuen, jetzt ständig bewirtschafteten Gaststätte und des Turmes sehr empfohlen werden.“

Nach dem Tod von Emma Körner, der letzten Wirtin der alten Gaststätte wurde das Haus von den Erben an die jetzige Eigentümerin Barbara Apfelbacher verkauft. Die Gebäude wurden umfangreich saniert und durch einen über 500 qm großen Neubau ergänzt und eine moderne Brauerei eingerichtet. Heute zieht die „Wittelsbacher-Turm-Bräu“ wieder Gäste aus nah und fern an. Im neu entstandenen Saal können die Besucher tief in die Hausbraukrüge schauen, oder weit hinaus in die fränkische Landschaft bis zu den Bergen der Rhön und des Thüringer Waldes. Selbstverständlich besteigen auch weiterhin unzählige Gäste den (viele Jahre unzugänglichen) Wittelsbacher Jubiläumsturm und stimmen vielleicht einem Besucher des Jahres 1930 zu: „Tief ist der Eindruck, den das Landschaftsbild auf uns macht und herzerhebend...“